Realistischer Optimismus

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„Das ist der Grundsatz, nach dem ich gelebt habe: Bereite dich auf das Schlimmste vor; erwarte das Beste; und nimm was kommt.“ (Hannah Arendt)

Häufig schätzen Menschen ihre Zukunftsaussichten viel optimistischer ein, als sie tatsächlich sind. Eine optimistische Haltung ist jedoch ein wichtiger Faktor ein gelingendes Leben im Allgemeinen und für eine gute Resilienz im Speziellen.

Die eigene Lebenserwartung wird z.B. häufig zu hoch eingeschätzt, während das Risiko des Scheiterns einer Ehe oder eines beruflichen Scheiterns zu gering eingeschätzt werden. Diese Einstellung wird als „Optimism Bias“ oder optimistische Verzerrung bezeichnet.

„Bei den meisten Menschen funktioniert die optimistische Verzerrung so zuverlässig und intuitiv, dass sie selbst nichts davon bemerken, sodass nur wenige, die sich für absolute Realisten oder Pessimisten halten, es tatsächlich auch sind.“

Ohne diese optimistische Verzerrung wären wir wohl alle ein bisschen realistischer, die Anzahl der geschlossene Ehen ginge bei realistischer Betrachtung der Scheidungsrate, die in westlichen Demokratien ca. 40% beträgt, ginge deutlich zurück. Aber wir wären wohl auch ein bisschen depressiver, denn Optimismus kann sehr hilfreich sein, wenn es darum geht, das eigene Leben aktiv zu gestalten, in unsicheren Situationen entscheidungs- und handlungsfähig zu sein. Wer optimistisch ist, tendiert dazu, bei dem, was er tut, positive Ergebnisse zu erwarten. Diese Erwartungshaltung führt in der Regel zu einer größeren Durchhaltebereitschaft.

„Resiliente Menschen glauben, dass sich Dinge zum Besseren ändern können. Sie haben Hoffnung für die Zukunft und glauben, dass sie die Richtung ihres Lebens kontrollieren. Im Vergleich zu Pessimisten sind Optimisten körperlich gesünder, leiden seltener unter Depressionen, sind besser in der Schule, produktiver bei der Arbeit und gewinnen häufiger im Sport. Dies sind Fakten, die von Hunderten gut kontrollierter Studien bestätigt werden.“ (Denis Mourlane)

Wieso Pessimismus kein gutes Rezept für das Wohlbefinden ist

Pessimisten wiederum hegen häufig keine großen Erwartungen an das Leben und haben dadurch den Vorteil, dass sie vom Leben nicht übermäßig enttäuscht werden. Diese Haltung, Enttäuschungen zu vermeiden könnte als Rezept für ein gelingendes Leben betrachtet werden. Tatsächlich ist es jedoch nicht so. Dies hat drei Gründe, welche die Psychologin Tali Sharot im verlinkten Video erläutert:

  1. Ob unsere Erwartungen erfüllt oder enttäuscht werden, ist nicht so wichtig, wie unsere Interpretation der Ereignisse. Es geht um die Art und Weise, wie wir über Ursachen von positiven und negativen Ereignissen denken. Während Optimisten, also Menschen mit hohen Erwartungen die Ursache für angenehme Ereignisse, Erfolge bei sich selbst sehen, schreiben sie die Ursachen für unangenehme Ereignisse vor allem in vorübergehenden situationsbedingten Gründen zu. Dies ist bei pessimistischen Menschen mit geringen Erwartungen genau umgekehrt.
  2. Unabhängig vom Ergebnis erzeugt allein der Prozess eine positive Erwartungshaltung zu entwickeln und zu antizipieren, gute Gefühle. Diese Erwartungshaltung ist dann am wirkungsvollsten, wenn der Termin Ihrer erwartete Erfüllung weder unmittelbar noch sehr weit entfernt liegt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Vorfreude auf das Wochenende, die bereits Mitte der Woche einsetzt. Die Reihenfolge der beliebtesten Wochentage ist: Samstag, Freitag, Sonntag. Am Freitag ist die ganze Vorfreude auf das Wochenende entwickelt, das Wochenende beginnt. Samstag ist der Tag der Erfüllung, am Sonntag hingegen lässt die folgende Arbeitswoche das Wohlgefühl bereits wieder etwas abfallen.
  3. Unsere Erwartungen haben im Sinne einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung einen Einfluss auf die objektiven Umstände unseres Lebens. Eine optimistische Haltung wirkt positiv, eine pessimistische Haltung erzeugt den gegenteiligen Effekt. Studien haben gezeigt, dass Optimismus nicht nur eine Verbindung zum Erfolg hat, sondern zum Erfolg führt. Ein weiterer positiver Effekt ist, dass Optimismus einen positiven Einfluss auf die Gesundheit hat.

Vorsicht vor zu viel Optimismus

Bei allen Vorzügen, die dem Optimismus zugeschrieben werden ist dennoch beim Resilienzfaktor Optimismus Vorsicht geboten.

„Dies hat zwei Gründe. Sie sollten Ihren Optimismus einerseits nicht bis zum Maximum treiben, um Situationen weiterhin realistisch einschätzen zu können. Andererseits ist er der einzige Faktor, der auch immer in Zusammenhang mit der Tätigkeit, die Sie ausüben und eventuell lieben, gesehen werden muss. Wem würden Sie lieber die Verantwortung für ein Atomkraftwerk übertragen: einem realistischen Pessimisten oder einem realistischen Optimisten? Wen würden Sie eher als Controller in Ihrem Unternehmen einstellen: einen realistischen Pessimisten oder einen realistischen Optimisten?“ (Denis Mourlane)

Fazit

Eine optimistische Haltung kann ein wesentlicher Faktor für eine hohe Resilienz oder für ein gelingendes Leben sein, wenn sie das richtige Maß hat und eine realistische Einschätzung der Umstände und Möglichkeiten des Handelns sowie der eigenen Fähigkeiten einbezieht.

Quellen:

http://lexikon.stangl.eu/13192/optimism-bias/; Zugriff 14.03.2018, 17:30 Uhr

Jutta Heller, Resilienz: Innere Stärke für Führungskräfte

Reivich, Karen. Der Resilienzfaktor: 7 Schlüssel zum Finden der inneren Stärke und Überwinden der Hürden des Lebens

Denis Mourlane, Resilienz. Die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen, Göttingen, 2014

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