Positive und negative Emotionen

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„Der Geist ist eine Stätte für sich. Er kann aus dem Himmel eine Hölle und aus der Hölle einen Himmel machen.“ (John Milton)

Wir sind jeden Tag  mit positiven und negativen Emotionen konfrontiert. Von den Medien werden wir weit überwiegend mit schlechten Nachrichten „bombardiert“.  Stürzt z.B. ein Flugzeug ab, dann wird z.T. wochenlang darüber berichtet. Im Vergleich dazu gibt es ganz selten einmal ein Information, dass unglaublich viele Fluggäste sicher durch die Luft transportiert wurden. Die Medien leben davon, dass Sie unsere Aufmerksamkeit wecken und dies funktioniert aufgrund der „Natur“ unseres Gehirns deutlich besser mit negativen als mit positiven Nachrichten.

Evolution und Emotionen

Diese evolutionsbedingte Eigenschaft unseres Gehirns,  sich auf Gefahren, Abweichungen, Probleme zu fokussieren war ein Vorteil in der Evolution und hat das Überleben unserer Art gesichert. Trotz aller Entwicklungen in der Menschheitsgeschichte funktioniert unser Gehirn immer noch so, wie in der Frühzeit. Es sind also nicht nur die Medien, die das Interesses der Menschen an negativen Nachrichten anfeuern, sondern es sind vor allem die Menschen selbst, die sich von negativen Nachrichten angezogen fühlen. 

Wir neigen dazu, negative Ereignisse attraktiver zu finden, uns darauf zu fokussieren. Dadurch haben wir gewissermaßen eine verzerrte Wahrnehmung. Durch den immer größer werdenden Einfluss der Medien wird diese Verzerrung noch mehr verstärkt. Wenn wir uns dann klar machen, wie sehr auch unser Unbewusstes beeinflusst wird, wenn wir uns den Medien unreflektiert aussetzen, dann wird deutlich, wie sehr damit eine negative Grundstimmung verstärkt wird. 

Negative Emotionen

Negative Emotionen werden von uns schneller wahrgenommen und binden mehr Aufmerksamkeit. Sie sind klarer, eher abgrenzbar, bleiben länger im Gedächtnis. Sie führen zu einer Fokussierung und Detaillierung.

EmotionThema der Emotion
AngstZukünftige Gefahr
SchuldVerletzung der Rechte anderer
ÄrgerVerletzung der eigenen Rechte
TraurigkeitVerlust einer Person oder Sache
PeinlichkeitVerlorenes Ansehen
SchamSelbst verursachte Verletzung eigener Werte / Standards
FrustrationFehlende (eigene oder externe) Ressource zur Problemlösung
EnttäuschungNicht erfüllte Erwartungen

In unserer modernen westlichen Welt, in der wir tagtäglich vielen Reizen ausgesetzt sind, häufig unter Zeit- oder Arbeitsdruck stehen, sind wir gehirntechnisch gesehen im Dauerproblemmodus, denn das Gehirn kann nicht unterscheiden zwischen echten, lebensbedrohlichen Gefahren und „künstlichen“, als bedrohlich empfundenen Situationen, wie Zeitdruck, Stress oder dem Weißen Hai im Film. Unsere Emotionen sind Hinweise darauf, wie wir Situationen bewerten: Furcht oder Angst lösen z.B. den Impuls aus, zu flüchten, während Ärger oder Zorn, den Impuls auslösen, anzugreifen.[ii]

Positive Emotionen

Positive Gefühle erleben wir im Durchschnitt häufiger als negative Gefühle, aber sie werden im Alltag vielfach nicht wahrgenommen. Sie sind weniger klar abgegrenzt von anderen Gefühlen, überlappen sich mit ihnen und gehen ineinander über. 

EmotionThema der Emotion
GlückAlles ist so, wie es sein soll
FreudeEs passiert etwas Gutes
StolzEine gute Leistung erbracht haben
DemutRealistisches Selbstbild, den Blick für das Ganze haben
LiebeMit einem anderen zusammen sein wollen, sich gegenseitig Kraft geben
ZufriedenheitAlles haben, was man braucht
Ansehen / RespektMenschen denken gut über einen
Zuversicht / GelassenheitEs wird gut werden, man wird einen Weg finden
LeidenschaftDas tun, wofür man brennt, was begeistert
Positiver SelbstwertMan ist selbst okay mit seinen Stärken und Schwächen

Negative Emotionen schränken die Perspektive ein, während positive Emotionen sie erweitern. Aus der Erkenntnis, dass Emotionen das Wahrnehmungs- und Verhaltensmuster beeinflussen können, hat die amerikanische Psychologin Barbara Fredrickson im Jahr 1998 die sog. „Broaden-and-build-Theorie“ entwickelt.

Danach wird durch positive Emotionen eine motivationale Basis für Tätigkeiten gelegt, die sich zu langfristig nutzbaren persönlichen Ressourcen entwickeln können. Daraus entsteht eine positive Aufwärtsspirale, die sich von selbst fortsetzen kann, da ein wiederholtes Erleben positiver Emotionen wiederum motivierend wirkt.[iii] Positive Emotionen verändern die Art und Weise, wie unser Gehirn Informationen verarbeitet: Wenn wir positive Gefühle erleben, erweitert sich unsere Sicht auf die Welt. Dies ist keine Metapher, sondern bezieht sich nach Fredickson darauf, wie das Gehirn arbeitet. Wenn ein Mensch mehr Reize wahrnehmen und verarbeiten kann, ermöglicht ihm dies, mehr Verbindungen zwischen Elementen zu schaffen. So erweitert sich durch positive Emotionen seine Sicht auf die Welt, und dies unterstützt langfristig geistige Flexibilität, Kreativität und Resilienz.

Die Häufigkeit emotionaler Zustände

Von Fredickson wurden im Jahr 2009 Forschungsergebnisse veröffentlicht, nach denen das Verhältnis von positiven Gefühlen zu negativen Gefühlen mindestens 3:1 sein müsse, damit Menschen aufblühen und sich positve entwickeln. Diese Veröffentlichung wurde zunächst begeistert aufgenommen. Allerdings wies das, Fredericksons Forschungen zugrunde liegende mathematische Modell (nach seinem Erfinder Marcial Losada als „Losada-Ratio“ bezeichnet) konzeptionelle und mathematische Fehler auf und hielt einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht stand.

Die Tatsache, dass kein mathematischer Beweis erbracht werden konnte, ändert nichts daran, dass ein Überwiegen von positiven gegenüber negativen Emotionen einen wesentlichen Effekt auf das Wohlbefinden und Aufblühen eines Menschen hat. [iv]Für diese positive Entwicklung ist weniger die Intensität der guten Gefühle entscheidend als vielmehr auf deren Häufigkeit und Regelmäßigkeit, denndurch das häufige Erleben von emotionalen Zuständen werden im Gehirn neue Prozesse angelegt und neuronale Netzwerke entstehen.

Positive und negative Emotionen sind wichtig!

Zur wichtigen Rolle negativer Emotionen, benutzt Barbara Fredickson eine Metapher von einem Segelboot: „Aus dem Segelboot erhebt sich ein riesiger Mast, der es dem Segel erlaubt, den Wind einzufangen. Doch unter der Wasseroberfläche befindet sich der Schiffskiel, der oft tonnenschwer ist. Setzen wir den nach oben strebenden Mast mit einer positiven Grundhaltung gleich und den Kiel mit Negativität. Wenn Sie jemals gesegelt sind, dann wissen Sie ja, dass man ohne Kiel nicht segeln kann. Wenn Sie es versuchten, könnten Sie bestenfalls ziellos über das Wasser gleiten. Schlimmstenfalls würden Sie kentern. Obwohl es das Segel der positiven Lebenseinstellung ist, das den Wind fängt und Sie dadurch vorantreibt, ist es der Kiel der Negativität, der Ihr Boot auf Kurs hält und dafür sorgt, dass Sie navigieren können. Und genau wie der Kiel von großer Bedeutung ist, wenn Sie gegen den Wind kreuzen, so ist auch eine angemessene Negativität in schwierigen Zeiten unverzichtbar.“[vi]

Während also negative Emotionen, wie Angst und Furcht unser Überleben sichern und uns auf Kurs halten, fördern, stärken und erweitern überwiegend, wiederholt und regelmäßig erlebte positive Emotionen, wie z.B. Selbstwirksamkeitserfahrungen, Zufriedenheit, Optimismus, Liebe oder Lebensfreude die Bahnung neuer neuronaler Verknüpfungen in unserem Gehirn. Dadurch wird eine motivationale Basis für Tätigkeiten gelegt, die sich zu langfristig nutzbaren persönlichen Ressourcen entwickeln können. Daraus entsteht eine positive Aufwärtsspirale, die sich von selbst fortsetzen kann, da ein wiederholtes Erleben von positiven Emotionen letztendlich wiederum motivierend wirkt.[vii]

Quellen

Blickhan, Daniela, Positive Psychologie, Junfermann Verlag, Paderborn, 2015

Die Beschreibung der Emotionen der beiden Tabellen aus: Denis Mourlane Emotional Leading. Die Kunst, sich und andere richtig zu führen, DTV, Müchen 2015, S. 70f

wikipedia.org/wiki/Broaden-and-build-Theorie.

Barbara L. Fredickson, Die Macht der guten Gefühle: Wie eine positive Haltung Ihr Leben dauerhaft verändert. Campus Verlag. Kindle-Version

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